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Eine Schatzkammer: Natur in der Stadt

Miniwildnis ist ein Geschenk und ein wertvolles Gut!

Ein Beitrag von Dr. Claudia Acklin, Schweizer Podcasterin, Bloggerin und Essayistin 

Über hundert Jahre alt: Die mächtige Buche in Claudia Acklin´s Garten

 Wir wohnen mitten in der Stadt Bern und haben das große Glück, einen Garten zu besitzen. Unter anderem mit einer mehr als hundertjährigen Buche darin, die unserem Haus Schatten und dem ganzen Quartier Sauerstoff spendet. Wir haben sie mit einer weißen „Sonnencrème“ angestrichen, damit sie dem Hitzestress von der asphaltierten Straße, die an unserem Haus vorbeiführt, besser standhält.

 

Verschiedene Hecken, Eiben, Efeu, Rosen gedeihen dort ebenfalls und selbst Pflanzen, die man entweder essen -oder wegen ihrer Heilkraft nutzen kann. Wie Löwenzahn, Skabiosen und Wegwarte.



 

Unser Garten ist nicht durch uns angelegt worden und nicht perfekt im Sinne der Biodiversität. In der Mitte prangt ein gepflegtes Stück Rasen, Lieblingsstück meines Partners. Manchmal kann man nicht alle und alles sofort ändern ;-). Doch neben der städtischen "adretten" Gartengestaltung gibt es eben auch Ecken für Überraschendes, für Wildes wie etwa ein Brunnenlebermoos, das spontan in meinen stillgelegten und bepflanzten Brunnen aufgetaucht ist. Oder einen Fuchs, der auf seinen nächtlichen Touren auf unserem Rasen gelegentlich Häufchen hinterlässt (die wir nur bedingt schätzen).

 

Ausgelöst durch das Leiden unserer Buche kam ich auf die Idee, einen Podcast zur Stadtnatur mit dem Titel

„Die Natur und die Stadt – Nature and the city“ zu produzieren und regelmäßig zu bloggen.


Ich hatte das Glück, bisher schon mit SpezialistInnen für Biber, für Alpen- und Mauersegler, Kleinsäuger, Saatkrähen, Pilze, Stadtbäume und vielem mehr ... Gespräche führen zu können. All diese ExpertInnen wiederholen, dass Stadtmenschen mit Wildtieren und -pflanzen wunderbar und zum Wohle aller koexistieren können, wenn man die Gärten und Balkone mit pflanzlicher Vielfalt, Nistmöglichkeiten, Laubhäufen, Totholz, mit der einen oder anderen "Schmuddelecke" ausrüstet. Und darüber hinaus mit Ruhe und genügend Raum.


Ich bin weder Biologin noch Botanikerin. Aber meine tollen Interviewpartner haben mir unendlich vieles beigebracht. „Meine“ Fachpersonen geben der Natur in der Stadt - die, wie anderswo auch, immer weiter in die Ecke getrieben wird - eine Stimme. Und sie geben Tipps für jede und jeden.


Da war etwas, das all die vielen Fachleute, die ich über die letzten 3.5 Jahre interviewt haben, immer wieder in Variationen gesagt haben: Erlaubt mehr Wildnis in Euren Gärten!
Lasst die Äste liegen und im Herbst die Pflanzen stehen, die ihr gerne in die Grüntonne entsorgen würdet. Hört auf mit dem langweiligen Abstandsgrün zwischen den Reihen von Hoch- und Einfamilienhäusern. Putzt nicht so viel, denn dort auf dem Stückchen Moos wächst gerade dieser kleine, aber seltene Pilz. Wandelt Rasen in Blumenwiesen um. Schafft mit der Unordnung neue Lebensräume – und dies mitten in der Stadt.

Jeder kann selbst mit einem Pflanzentopf auf dem Balkon zur Vielfalt, zur Biodiversität beitragen. Eigentlich wissen dies mittlerweile alle. Aber wir müssen halt aushalten, dass ein biodiverser Garten anders aussieht als der Standardrasen des Nachbarn, der beim Vorbeigehen vielleicht die Nase rümpft.

 

Was die StädterInnen mit Miniwildnis ermöglichen, ist ein Gegenwert, der sich sehen lassen kann:

Wie der Gesang der Vögel im Frühling, die Ohs und Ahs von Kindern, wenn sie einen Schmetterling sehen

oder eine Libelle.

Die alte Eibe kühlt in der Hitze der Stadt

Natur in der Umgebung: Parks, Gärten, grüne Ecken, grüne Dächer, Straßenbäume, Teiche oder gar renaturierte Flussufer tut uns psychisch wie physisch gut! Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die Natur in der Stadt und speziell das Gärtnern entspannen. Siehe dazu die Episode zum Nachhören «Warum Gärtnern entspannt».


Und von der Phytotherapeutin und Kursleiterin Sarah Zehnder habe ich unlängst gelernt, dass überall dort, wo wir Stadtmenschen nicht hinschauen, die Natur sofort übernimmt: Es beginnen sich unbemerkt Wildpflanzen anzusiedeln. Brennnesseln, Löwenzahn oder Spitzwegerich. Ungeheuerlich - auf sogenannten Ruderalflächen, auf brachliegenden Schotterflächen wie es sie etwa auf alten Industriebrachen gibt oder auch nur an einer schlecht gepflegten Straßenecke, auf Flachdächern oder auf Fahrradunterständen, siedeln sich Pionierpflanzen an, die mit den widrigsten Konditionen umgehen können und oft den Weg bereiten für andere Pflanzen, die eine magere Umgebung schätzen.


Akelei - eine Blüte die bezaubert
Sarah Zehnder empfiehlt gar, nach einer Wanderung im Wald, die Erde von den Schuhen abzustreifen und in einen ungenutzten Balkontopf zu kippen. Nächstes Jahr wird man dort dann viele Überraschungsgäste in Empfang nehmen können.

"Unkräuter"– wie böse Zungen Wildpflanzen gerne nennen – sind häufig Heilpflanzen.

Die Brennnessel beispielsweise: Sie ist eine regelrechte Nährstoffbombe. Mit ihrem Wirkungskreis unter anderem bei Blasenbeschwerden und rheumatische Erkrankungen sollte sie eigentlich standardmäßig in jeden Garten gehören. Oder Löwenzahn: Seine Blätter in einem Frühlingssalat sind eine Wohltat für die Leber.


Viele Wildkräuter verfügen über 40 Prozent mehr Vitalstoffe als herkömmlicher Salat aus dem Supermarkt!


Wilde Wiese mit zahllosen Heilkräutern

Die Miniwildnis in der Stadt ist also weder Unrat noch Unkraut, sondern eine wahre Schatzkammer für die Stadtbewohner:innen.

 

 

Bitte stöbern Sie gerne auf meiner Webseite:

Viele Episoden sind auf Schweizerdeutsch, aber einige auch auf Hochdeutsch wie etwa jene zum Gärtnern als Entspannung, jene zur Ökologischen Infrastruktur, zu den Tauben oder zum Schamanismus.

 Hier finden Sie meine Essays.

 

 

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